KI im Sicherheitsmanagement

Künst­liche Intel­ligenz im Sicher­heits- und Gefah­ren­ma­nagement

| Peter Loibl

Poten­ziale erkennen, Verant­wortung wahren

Künst­liche Intel­ligenz (KI) verändert auch die Welt im Sicher­heits­ma­nagement grund­legend. Vorder­gründig bei Video­analyse, Alarm­ma­nagement oder in der voraus­schau­enden Instand­haltung (Predictive Maintenance). Aber auch klassische Security- und Betriebs­funk­tionen werden nicht außen vor bleiben. Intel­li­gente Algorithmen erkennen Muster, verdichten Infor­ma­tionen und unter­stützen Entschei­dungen in Echtzeit. Damit wachsen Leistungs­fä­higkeit und Reakti­ons­ge­schwin­digkeit von Sicher­heits­or­ga­ni­sa­tionen erheblich. Gleich­zeitig stellt der Einsatz von KI neue Anfor­de­rungen an Trans­parenz, Daten­qua­lität und Verant­wort­lichkeit.

Vom Datenberg zur Entschei­dungs­hilfe

Sicher­heits- und Gefah­ren­ma­nagement generieren enorme Daten­mengen: Videos, Alarme, Melder- und Sensor­daten, Zugriffe, Logfiles, aber auch Lagedaten, Vorkomm­nisse (Stichwort Big Data), Gefähr­dungs­ein­schät­zungen für Expats, etc. Ohne automa­ti­sierte Auswertung sind diese Infor­ma­ti­ons­ströme kaum mehr beherrschbar.

KI hilft, Relevantes von Unwich­tigem zu trennen, Anomalien zu erkennen, Zusam­men­hänge sichtbar zu machen, Daten­berge zu analy­sieren und inhaltlich aufzu­be­reiten bis hin zur Generierung von Charts, Graphiken, Folien.

Entscheidend ist dabei nicht, dass Maschinen „denken“, sondern dass sie lernen, aus Gelerntem – im herkömm­lichen Sinn Erfahrung genannt – zu genera­li­sieren, also z.B. Muster zu identi­fi­zieren, die sich auf neue Situa­tionen übertragen lassen. So wird aus Daten Wissen, aus Wissen Handlung – immer schon grund­le­gender Handlungs­ansatz im Sicher­heits­ma­nagement.

Wie funktio­niert KI

Künst­liche Intel­ligenz gibt es seit der Entwicklung von automa­ti­sierten Daten­ver­ar­bei­tungs­rou­tinen, also seit über 50 Jahren. Künst­liche Intel­ligenz imitiert mensch­liche Fähig­keiten wie Lernen, Planen oder Erkennen. Grundlage sind maschi­nelles Lernen und beim heutigen Deep Learning neuronale Netze, die durch Ebenen von mathe­ma­ti­schen und logischen Opera­tionen großer Daten­mengen bewerten und schluss­endlich Wahrschein­lich­keits­er­geb­nisse liefern, nicht absolute Wahrheiten.

Je nach Anwen­dungs­be­reich unter­scheidet man:

  • Schwache KI – spezia­li­siert auf eine Aufgabe, etwa Sprach­steuerung oder Video­analyse.
  • Generative KI – Systeme, die Inhalte wie Texte, Bilder oder Daten­zu­sam­men­fas­sungen erzeugen.
  • Starke KI – kann Ergeb­nisse auf andere Bereiche übertragen oder anwen­dungs­über­greifend verar­beiten. So etwas gibt es bis heute noch nicht, ist aber Ziel der KI-Player.

Für das Sicher­heits­ma­nagement heißt das: KI kann Situa­tionen bewerten, Szenarien simulieren und Entschei­dungen vorbe­reiten – aber sie benötigt stets mensch­liche Kontrolle und Kontext­wissen.

Einsatz­felder im Sicher­heits- und Gefah­ren­ma­nagement

Die Poten­ziale künst­licher Intel­ligenz zeigen sich bereits in vielen alltäg­lichen sicher­heits­re­le­vanten Bereichen:

1. Unter­stützung von Routi­ne­auf­gaben und ‑Funktionen

  • Recherchen
  • Erstellen von Texten, Charts und Graphiken
  • Program­mie­rungen, Fehler­iden­ti­fi­kation bei Software­funk­tionen
  • Textzu­sam­men­fas­sungen, Analysen, Auswer­tungen, …
  • Bildge­ne­rierung
  • Mail- und Kommu­ni­ka­ti­ons­as­sistenz
  • Automa­tische Überset­zungen und Transkri­pierung von Texten und Gesprächen.

2. Erkennen und Bewerten

  • KI-gestützte Video­analyse erkennt Bewegungen, Objekte und Verhal­tens­muster, etwa bei Menschen­an­samm­lungen oder untypi­schen Bewegungs­ab­läufen.
  • Systeme können Anomalien in Sensor­daten oder Zutritts­pro­to­kollen detek­tieren – ein wichtiger Schritt zur frühzei­tigen Gefah­ren­meldung.

3. Analy­sieren und Prognos­ti­zieren

  • Data-Analytics-Lösungen identi­fi­zieren Trends oder Muster, die auf bevor­ste­hende Ereig­nisse hindeuten.
  • Predictive Security und Predictive Maintenance verbessern Planbarkeit und Verfüg­barkeit sicher­heits­kri­ti­scher Systeme.
  • Kombi­nation von Lage‑, Umwelt- und Social-Media-Daten ermög­licht präzisere Risiko­ab­schät­zungen.

4. Steuern und Automa­ti­sieren

  • KI unter­stützt das Alarm- und Ereig­nis­ma­nagement, priori­siert Meldungen und leitet automa­tisch Eskala­ti­ons­ketten ein.
  • Sprach­ver­ar­beitung (Natural Language Processing) ermög­licht inter­aktive Notruf- oder Chat-Assis­tenz­systeme.
  • In Logistik und Einsatz­ko­or­di­nation optimiert KI Personal- und Ressour­cen­planung.

5. Lernen und Optimieren

  • Selbst­ler­nende Systeme im Gebäu­de­be­trieb steigern Energie- und Betriebs­ef­fi­zienz.
  • KI-Feedback-Mecha­nismen verbessern konti­nu­ierlich die Genau­igkeit von Erken­nungs- und Bewer­tungs­pro­zessen.

Technische Grund­lagen und Grenzen

Der KI-Einsatz im Sicher­heits­umfeld hat eine besondere Heraus­for­derung: Trainings­daten sind rar, sensibel, heterogen und kaum in ausrei­chender Menge verfügbar.
Viele Sicher­heits­pro­jekte unter­liegen Geheim­haltung, was Trainings­daten begrenzt. Zudem verhindern isolierte Gewer­kepla­nungen und proprietäre Schnitt­stellen den durch­gän­gigen Daten­aus­tausch.

Ansätze wie Building Infor­mation Modeling (BIM) und Smart-Building-Platt­formen können hier neue Möglich­keiten schaffen. Sie verknüpfen bauliche, technische und organi­sa­to­rische Daten zu digitalen Modellen – eine essen­zielle Basis, um KI-Funktionen künftig gezielt einzu­setzen.

Gover­nance und Verant­wortung – EU-KI-Verordnung

Die EU-KI-Verordnung legt erstmals verbind­liche Anfor­de­rungen fest – von Risikoklas­si­fi­zierung der Anwen­dungen für Anwender und Betreiber- und Anbie­ter­pflichten bis zu Schulungs- und Dokumen­ta­ti­ons­pflichten.

Mit der EU-KI-Verordnung entstand ein verbind­licher Rahmen für den Einsatz von KI – auch im Securi­ty­ma­nagement. Mit der EU-KI-Verordnung gelten bereits seit 02/2025 bzw. 08/2025 erheb­liche organi­sa­to­rische und regula­to­rische Aspekte und Auflagen.

Dazu zählen:

  • Identi­fi­kation, Erhebung von KI-Anwen­dungen, KI-Kataster
  • Risiko­ein­stufung und Wertung von KI-Anwen­dungen (z. B. Hochrisiko-Systeme, Unannehmbare KI-Risiken, KI für General-Purpose – allge­meine Zwecke, etc.) mit entspre­chender Regulierung
  • KI-Policy/­Richt­linie in den Unter­nehmen bzw. Securi­ty­ma­nagement
  • Konti­nu­ier­liche Überwa­chung der System­funk­tio­na­lität
  • Kennzeichnung von KI-Ergeb­nissen (automa­tisch, manuell)
  • Schulung der Mitar­beiter
  • Bekanntgabe von Urheber­rechten (Training, KI-Ergebnis)

Langfristig werden wahrscheinlich auch im Securi­ty­ma­nagement KI-Beauf­tragte etabliert werden müssen nach dem Vorbild von Daten­schutz- oder Infor­ma­ti­ons­si­cher­heits­be­auf­tragten, die zwischen Technik, Daten­schutz und Betrieb vermitteln und die die Einhaltung regula­to­ri­scher Anfor­de­rungen sicher­stellen.

Nur wenn technische Innovation und ethische Verant­wortung zusam­men­ge­dacht werden, kann KI das Vertrauen genießen, das sie für den opera­tiven Einsatz benötigt.

Ausblick

KI wird künftig in nahezu alle Ebenen des Sicher­heits­ma­nage­ments integriert sein – von Routi­ne­auf­gaben bis hin zu intel­li­genten Sensoren, Gefah­ren­ma­nage­ment­systeme und Leitstel­len­funk­tionen.
Der Mensch muss jedoch der zentrale Faktor bleiben: seine Erfahrung, sein Urteils­ver­mögen und seine Fähigkeit, Kontext zu verstehen, machen KI erst nutzbar.


Die Zukunft liegt in einer symbio­ti­schen Zusam­men­arbeit zwischen Mensch, Maschine und Daten­mo­dellen – als Grundlage für adaptive und resiliente Sicher­heits­ar­chi­tek­turen.

Die KI-Mehrwert­aspekte werden das Securi­ty­ma­nagement wesentlich beein­flussen und verändern,

  • Effizienz steigern: KI automa­ti­siert Routi­ne­pro­zesse und schafft Freiraum für quali­fi­zierte Aufgaben.
  • Frühwarnung verbessern: Durch Daten­analyse und Muster­er­kennung werden Risiken schneller sichtbar.
  • Reakti­ons­fä­higkeit erhöhen: Ereig­nisse können priori­siert und Maßnahmen beschleunigt einge­leitet werden.
  • Zukunft gestalten: Wer heute Struk­turen für verant­wor­tungs­volle KI-Nutzung schafft, sichert techno­lo­gische Anschluss­fä­higkeit und regula­to­rische Compliance.

Fazit

Künst­liche Intel­ligenz darf kein Ersatz mensch­licher Entschei­dungen sein, sondern Unter­stützer. Im Sicher­heits- und Gefah­ren­ma­nagement eröffnet sie neue Wege zu Prävention, Trans­parenz und Effizienz – voraus­ge­setzt, sie wird verant­wor­tungsvoll, nachvoll­ziehbar und im Zusam­men­spiel mit mensch­licher Expertise einge­setzt.