Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedrohung der Bevölkerung durch Angriffe auf Großveranstaltungen, Amokfahrer und Vandalismus in Innenstädten steigt der Bedarf nach Erfahrung und Wissen zum Schutz derselben.
Bruno Hecht, Experte zu Themen wie bauliche Sicherheit, Brandschutz und Innenstadtsicherung, gibt einen exklusiven Einblick in seinen Alltag. Dabei wird deutlich, dass die Ausgangssituationen der Kunden vor Projektbeginn ähnlich sind und sie sich oftmals mit den gleichen Fragestellungen auseinandersetzen.
Das Interview wurde im September 2018 geführt.
Diese Ansicht teilen nach unserer Erfahrung viele Städte, Stadtverwaltungen, Bürgermeister, doch wenn ein Anschlag passiert, reibt man sich verwundert die Augen und zuckt nach dem Motto: “Wie hätten wir dies wissen oder auch nur ahnen sollen?” mit den Schultern. Doch heutzutage kann man sich nicht mehr hinter Unwissenheit verstecken, immerhin sind in den letzten fünf Jahren allein in Europa 15 spektakuläre Anschläge mit Fahrzeugen verübt worden. Ergänzend dazu muss erwähnt werden, dass nicht nur Terroristen diese Anschläge verüben, sondern auch Menschen, die psychisch gestört sind, wie beispielsweise beim Anschlag in Münster im April diesen Jahres mit zwei Todesopfern. Daran sieht man, dass nicht nur Metropolen und Großstädte einer solchen Gefahr gegenüber stehen.
Ich möchte keiner Bauabteilung zu nahe treten, doch meine langjährige Tätigkeit bei der VON ZUR MÜHLEN’SCHE GmbH zeigt, dass diese sich in der Regel mit ganz anderen Problemen beschäftigen und keine Erfahrungen im Umgang mit der komplexen Planung zielführender Schutzmaßnahmen besitzen. Ein Beispiel dazu? In meiner Praxis bekomme ich oft mit, dass die städtischen Behörden sehr wohl Anpralllasten berechnen können, um Aussagen zur Stabilität von Bauwerken treffen zu können, wenn diese durch einen Zufall von Fahrzeugen touchiert werden. Doch ein gezielter, perfider Angriff mit einem Fahrzeug stellt eine ganz andere Größenordnung dar und muss entsprechend anders behandelt und auch anders berechnet werden. Hier kommen weit mehr zu beachtende Parameter zum Zuge. Das erfordert Fallerfahrung, die Analyse von Abläufen, Techniken und vielem mehr.
Eine berechtigte Frage, die sich sehr kurz mit „ja“ und „nein“ beantworten lässt. Ja, wenn es sich um ein kompetentes Ingenieurbüro handelt, das bereits Erfahrung auf diesem speziellen Gebiet mitbringt und ganz eindeutig nein, wenn es sich zum ersten Mal auf so ein schwieriges Terrain begibt.
Solche Aussagen hören wir oft. Wir erleben immer wieder, dass wir nach der ersten Kontaktaufnahme um ein konkretes Angebot gebeten werden, dieses aus Budget-Gründen abgelehnt wird und wir wenig später doch um Hilfe gebeten werden. Vordergründig scheint ein solches Vorgehen der Städte nachvollziehbar. Betrachten wir die Situation vor dem Hintergrund, dass es um den Schutz der Bürger sowie des Stadtbildes und das Image geht, macht ein Vergleich die Perspektive eindeutiger: Die Vermietung eines Gebäudes mit mangelhaften Brandschutzvorkehrungen aufgrund fehlenden Instandsetzungsbudgets frei nach dem Motto “es wird schon gutgehen bis wir das Geld zusammen haben” ist wenig ruhmreich. Nach einem Schadensereignis wird die Staatsanwaltschaft vermutlich nicht nach einem Budget, sondern viel mehr nach Versäumnissen und einem Schuldigen fragen. Dies wird sich bei einem Fahrzeuganschlag ähnlich abspielen.
Der gesunde Menschenverstand legt nahe, dass sich Hersteller mit der eigenen Technik auskennen – wenn nicht, dann haben sie den Beruf verfehlt. Ich kenne auf dem Markt auch einige Hersteller, denen ich durchaus zutraue, ein solches Projekt vernünftig und fair für den Kunden durchzuführen. Es ist aber wie überall im Leben: Man sollte sich nicht, salopp gesagt, sorglos auf bunte Prospekte oder Versprechungen verlassen, sondern ein gesundes Misstrauen an den Tag legen. „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“ ist an dieser Stelle ein passender Satz. Dies gilt im Übrigen auch für Berater! Und viele Hersteller von Lösungen sind sehr umsatzorientiert.
Den Kopf in den Sand zu stecken, hat von je her Niemandem geholfen – die Gefahrenzonen in den Innenstädten eliminieren sich nicht von allein. Der bürokratische, organisatorische sowie finanzielle Aufwand lohnt sich dann, wenn sich am Ende Kinder und Eltern frei und sicher in den Innenstädten bewegen können. Meine Lebenserfahrung zeigt mir, dass die Alternative – Sicherheitsmaßnahmen zu vernachlässigen und Leben zu gefährden bzw. Zerstörung zu dulden – keine Alternative ist.
Ganz einfach! Die Baustelle dauert so lange, wie sie dauert. Spaß beiseite, eine gute Planung berücksichtigt möglichst alle Unwägbarkeiten, sodass eine zügige Umsetzung durchführbar ist. Sicherlich können Verzögerungen auftreten, wenn man bspw. auf unterirdisch verlegte Leitungen jeglicher Art trifft, die weder in den Plänen zu finden sind, noch zu den Aussagen der “Leitungsbesitzer” passen. Dann muss zeitaufwendiger mit Probeschachtungen per Hand die Lage sondiert werden. Wer aber Sicherheit haben will, muss auch ein bisschen selbst “mit anpacken” und die relativ kurze Bauzeit zum Wohle aller akzeptieren.
Jede Burg ist so schwach wie ihr Portal. Genau an diesem Punkt muss viel Knowhow investiert werden. Das bedeutet, dass man sich mit den hilfeleistenden Stellen zusammensetzen muss, um deren Anforderungen unter einen Hut zu bringen, ohne dabei die Sicherheit aufs Spiel zu setzen. Die Steuerung von beweglichen Absperrungen muss bis ins letzte Detail überlegt und geplant werden. Es müssen nicht nur die „alltäglichen“ Durchfahrten bedacht, sondern auch Sonderfälle berücksichtigt werden. Darüber hinaus sind auch „Nebenkriegsschauplätze“ wie Zu- und Ausfahrten für Anwohner, Ver- und Entsorger, Taxis, Schwertransporte, und, und … einzuplanen. Auch begrenzte Zufahrtszeiten zu bestimmten Wochentagen für bestimmte Gruppen müssen in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden. Wenn das alles ausdiskutiert, zusammengefasst und entschieden worden ist, kann die passende Lösung entwickelt werden und die Umsetzung beginnen.
Beileibe nicht. Wir haben in einer Großstadt zum Schutze eines anschlagsgefährdeten Hochhauses ein ganzes Bündel von Maßnahmen geplant und realisiert. Dazu gehörte sogar die Umwidmung einer Straße, Rückbau der Straße von vielbefahrener Durchfahrt zu Sackgasse. Gestalterische Maßnahmen, die gar nicht als Schutzmaßnahmen erkannt werden, führten zu einer zwangsläufigen Herabminderung von Geschwindigkeit. Die gestalterischen Maßnahmen schufen auch Abstände. Wichtig für die Reduzierung der Wirkung von Sprengstoffanschlägen. Man kann viel tun. Und oft ist das noch nicht einmal teuer. Wir waren jedenfalls über die Kosten der Maßnahmen positiv überrascht. Wenn Sie einmal aufmerksam durch deutsche Städte wandern, stellen Sie fest, dass viele landschaftsgestaltenden Maßnahmen im Straßenbild bereits geeignet sind als Rückhaltvorrichtungen zu dienen.
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