Museumssicherheit

Sicher­heits­dienst­leister: Es muss nicht immer der Billigste sein

| Stephan Leukert

Diebstahl und Vanda­lismus machen auch vor Kultur­ein­rich­tungen im Allge­meinen und vor Museen im Spezi­ellen nicht halt. Technische und perso­nelle Sicher­heits­maß­nahmen haben daher hohe Bedeutung. Dabei gilt: Jede Technik ist nur so gut wie der Mensch, der sie bedient bzw. überwacht. Berück­sichtigt werden muss weiterhin, dass Erschei­nungsbild und Auftreten der externen Sicher­heits­mit­ar­beiter wesentlich zur Wahrnehmung und Bewertung der Einrichtung durch die Besucher beitragen. Diese sehen die Aufsichten nicht als Mitar­beiter der Firma XY Security, sondern als Mitar­beiter des Hauses. Daher muss die Auswahl des passenden Dienst­leisters sehr sorgfältig erfolgen.

Orien­tierung bei einer Fülle von Anbietern

In Deutschland kämpfen ca. 5.700 Sicher­heits­un­ter­nehmen um Aufträge. Viele davon behaupten, hohe Qualität bei niedrigen Preisen zu bieten. Aller­dings zeigt die allge­meine Lebens­er­fahrung, dass die Kombi­nation dieser beiden Ziele nur äußerst schwer erreichbar ist, gerade in dieser Branche.

Grund­sätzlich dürften sich die Stunden­ver­rech­nungs­sätze gar nicht so sehr unter­scheiden, denn sie setzen sich zu 80 bis 90 Prozent aus Lohn- und Lohnne­ben­kosten zusammen. Da fast alle Tarif­ver­träge für allge­mein­ver­bindlich erklärt sind, bilden sie eine gemeinsame und (fast) einheit­liche Grundlage für die Preis­bildung. Die Realität zeigt jedoch immer wieder Unter­schiede von teilweise bis zu 30 Prozent. Folgt man nun der leider gängigen Verga­be­praxis und wählt als allei­niges Zuschlags­kri­terium den Preis, ist man den Billig­an­bietern auf Gedeih und Verderb ausge­liefert. Qualität spielt keine Rolle, die Unter­nehmen haben keine Motivation und keine Chance, ihre Kompetenz in die Waagschale zu werfen, da diese bei der Entscheidung ohnehin keine Rolle spielt. Nicht zuletzt deshalb sieht man eine zuneh­mende Tendenz größerer Unter­nehmen, sich an solchen Ausschrei­bungen nicht mehr zu betei­ligen. Die Konse­quenz ist oftmals Unzufrie­denheit mit der Dienst­leistung, verbunden mit einer gewissen Ohnmacht, da man außer Abmah­nungen und Kündigung kaum Sankti­ons­mög­lich­keiten hat, um eine Änderung der Situation herbei­zu­führen. Und wenn doch, was bringt eine Trennung überhaupt, wenn die nächste Ausschreibung doch wieder nur nach dem Preis fragt?

Überprüfbare Kriterien für mehr Qualität

Aber ist es wirklich so, muss man sich dem Schicksal ergeben und mit den Billig­an­bietern leben? Um es vorweg­zu­nehmen: Nein, muss man nicht! Das Verga­be­recht lässt dem Auftrag­geber Spielraum, denn es sagt, dass dem wirtschaftlich günstigsten Angebot der Zuschlag zu erteilen ist (§ 127 GWB). Es können (und sollten) also durchaus auch andere Kriterien als nur der Preis in die Entscheidung einfließen. Bei der Ausschreibung von Technik ist dies etwas leichter, da man deren Leistung meist doch irgendwie anhand mehr oder weniger objek­tiver Parameter vergleichen kann. Aber auch die Qualität perso­neller Dienst­leis­tungen kann man mess- und bewertbar machen.

Hierzu muss die Verga­be­stelle in Zusam­men­arbeit mit der Fachab­teilung einen Katalog mit Kriterien, die sie für ihre Einrichtung als wichtig erachten, erstellen. Hierzu können z. B. die Abfrage von Konzepten zur Leistungs­er­bringung gehören, darunter ein nachhal­tiges Perso­nal­konzept, Maßnahmen im Bereich Quali­täts­ma­nagement, Konzepte zur Einhaltung des Arbeits­zeit­ge­setzes und vieles mehr. Der Bieter erhält dadurch die Möglichkeit, seine Erfahrung und Kompetenz darzu­stellen. Die Antworten auf die Fragen werden dabei unter­schiedlich gewichtet und mit Punkten versehen. Die Bewer­tungs­kri­terien und deren Gewichtung müssen mit den Ausschrei­bungs­un­ter­lagen veröf­fent­licht werden. Je nach Bewer­tungs­me­thode (es bieten sich die erwei­terte oder auch die gewichtete Richt­wert­me­thode an) ergibt sich am Ende eine Gesamt­punktzahl, die über den Zuschlag entscheidet.

Quali­täts­ma­nagement

Auftrag­geber erwarten zurecht, dass die Dienst­leistung wie angeboten (und damit versprochen) erbracht wird. Doch wie können sie dazu beitragen, dass dem tatsächlich so ist? Bereits in der Ausschreibung sollte die DIN 77200–1:2022–10 als Grundlage für die Leistungs­er­bringung definiert werden. Manch einer kennt noch die Vorgän­ger­version (DIN 77200:2008–05), aller­dings ist die Neufassung grund­legend überar­beitet und verbessert worden. Sie verlangt nun z. B. die Durch­führung regel­mä­ßiger Weiter­bil­dungen aller Mitar­beiter (40 Unter­richts­ein­heiten à 45 Minuten pro Jahr für Vollzeit­mit­ar­beiter).

Je nach Museum könnte sogar der Teil 2 der Norm, der im Juli 2020 erschienen ist, zur Anwendung gebracht werden (siehe hierzu auch Sicher­heits-Berater 16/2020, S. 312 f.). Von entschei­dender Bedeutung ist jedoch die Imple­men­tierung eines eigenen Vertrags­con­trol­lings. Auftrag­geber müssen die Möglichkeit haben, ihrem Dienst­leister auf die Finger zu sehen (bzw. sehen zu lassen). Hierzu gehören neben Audits, die die Durch­führung der tatsäch­lichen Dienst­leistung bewerten, auch Maßnahmen, die sicher­stellen sollen, dass die vertrag­lichen Verein­ba­rungen einge­halten werden, z. B. hinsichtlich Aus- und Weiter­bildung, Einhaltung gesetz­licher Vorgaben (das Arbeits­zeit­gesetz ist leider häufig noch ein unbekanntes Wesen im Sicher­heits­ge­werbe), aber auch der korrekten Entlohnung der einge­setzten Mitar­beiter.

Zu guter Letzt empfehlen wir, ein sogenanntes “Service Level Agreement” (SLA) zu verein­baren, das sich auf wenige wichtige Bereiche fokus­siert (z. B. Einhaltung zeitlicher Vorgaben, der korrekten Dienst­aus­übung usw.). Wir empfehlen, dass bei Verstößen gegen das SLA keine finan­zi­ellen Pönalen zum Tragen kommen. Als sinnvoller erachten wir Maßnahmen, die das Problem, das dem Verstoß zugrunde liegt, angreifen. Sollte ein Mitar­beiter z. B. gegen die Dienst­an­weisung verstoßen, muss der Auftrag­nehmer nicht die Summe X bezahlen, sondern seinen Mitar­beiter weiter­bilden und vor dem nächsten Einsatz seinen Kennt­nis­stand bzgl. der Dienst­an­weisung prüfen. So stellt man sicher, dass die Pönale nicht vorab im Angebot “einge­preist” wird und löst gleich­zeitig das Problem, dass der Mitar­beiter seinen Dienst nicht korrekt ausführt.